Arbeitszeugnisse richtig verstehen – Noten und Codes
Ein Arbeitszeugnis ist ein wichtiges Dokument in der beruflichen Laufbahn eines jeden Arbeitnehmers. Es enthält nicht nur eine Bewertung der erbrachten Leistungen und des Verhaltens während der Beschäftigung, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle bei zukünftigen Bewerbungen. Daher ist es essenziell, die Bedeutung der Formulierungen und den sogenannten “Geheimcode” zu verstehen, der häufig in Arbeitszeugnissen verwendet wird.
Der Aufbau eines Arbeitszeugnisses
Ein Arbeitszeugnis besteht in der Regel aus mehreren Abschnitten:
- Einleitung: Hier werden der Name des Arbeitnehmers, das Geburtsdatum, die Dauer der Beschäftigung und die Position genannt.
- Tätigkeitsbeschreibung: Dieser Abschnitt beschreibt die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Arbeitnehmers.
- Leistungsbeurteilung: Hier wird die Arbeitsleistung bewertet.
- Verhaltensbeurteilung: In diesem Teil wird das Verhalten des Arbeitnehmers gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden beschrieben.
- Schlussformel: Der Abschluss enthält oft eine Dankesformel und gute Wünsche für die Zukunft.
Der Geheimcode im Arbeitszeugnis
In Arbeitszeugnissen wird häufig eine spezielle Sprache verwendet, die auf den ersten Blick positiv klingt, aber bei genauerer Betrachtung versteckte Hinweise und Bewertungen enthält. Dies wird als “Geheimcode” bezeichnet. Hier einige Beispiele:
- “Er/Sie hat sich bemüht”: Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer die Anforderungen nicht erfüllt hat.
- “Er/Sie war stets bemüht”: Dies deutet darauf hin, dass der Arbeitnehmer zwar engagiert war, aber die Erwartungen nicht erfüllen konnte.
- “Zu unserer vollsten Zufriedenheit”: Dies ist die höchste Bewertung und entspricht einer Schulnote von 1.
- “Zu unserer vollen Zufriedenheit”: Dies ist eine gute Bewertung und entspricht einer Schulnote von 2.
- “Zu unserer Zufriedenheit”: Dies ist eine befriedigende Bewertung und entspricht einer Schulnote von 3.
- “Im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit”: Dies ist eine ausreichende Bewertung und entspricht einer Schulnote von 4.
- “Er/Sie hat sich im Rahmen seiner/ihrer Fähigkeiten eingesetzt”: Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer nur durchschnittliche Leistungen erbracht hat.
Professionelle und praxisnahe Beispiele
Um die Theorie zu verdeutlichen, hier einige praxisnahe Beispiele:
1. Beispiel 1: Sehr gutes Arbeitszeugnis
- Einleitung: “Herr Müller, geboren am 01.01.1980, war vom 01.01.2015 bis 31.12.2020 als Projektmanager in unserem Unternehmen tätig.”
- Tätigkeitsbeschreibung: “Zu seinen Aufgaben gehörten die Planung und Durchführung von Projekten, die Koordination von Teams und die Kommunikation mit Kunden.”
- Leistungsbeurteilung: “Herr Müller erledigte seine Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit. Er zeigte außergewöhnliches Engagement und hervorragende Fachkenntnisse.”
- Verhaltensbeurteilung: “Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war stets vorbildlich.”
- Schlussformel: “Wir danken Herrn Müller für seine ausgezeichneten Leistungen und wünschen ihm für seine berufliche und private Zukunft alles Gute.”
2. Beispiel 2: Befriedigendes Arbeitszeugnis
- Einleitung: “Frau Schmidt, geboren am 02.02.1985, war vom 01.01.2017 bis 31.12.2019 als Sachbearbeiterin in unserem Unternehmen tätig.”
- Tätigkeitsbeschreibung: “Zu ihren Aufgaben gehörten die Bearbeitung von Kundenanfragen, die Erstellung von Angeboten und die Pflege der Kundendatenbank.”
- Leistungsbeurteilung: “Frau Schmidt erledigte ihre Aufgaben zu unserer Zufriedenheit. Sie zeigte Engagement und gute Fachkenntnisse.”
- Verhaltensbeurteilung: “Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war einwandfrei.”
- Schlussformel: “Wir danken Frau Schmidt für ihre Mitarbeit und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute.”
Interpretation und Handlungsempfehlungen
Für Arbeitnehmer ist es wichtig, das Arbeitszeugnis gründlich zu prüfen und bei Unklarheiten oder negativen Formulierungen das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen. Ein Arbeitszeugnis sollte immer wohlwollend formuliert sein und keine versteckten negativen Bewertungen enthalten. Sollten Sie der Meinung sein, dass Ihr Arbeitszeugnis ungerecht ist, haben Sie das Recht, eine Korrektur zu verlangen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Verständnis von Arbeitszeugnissen und deren Formulierungen entscheidend für Ihre berufliche Zukunft ist. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihr Zeugnis sorgfältig zu lesen und bei Bedarf professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um sicherzustellen, dass es Ihren Leistungen und Ihrem Verhalten gerecht wird.
Foto von Andrea Piacquadio: https://www.pexels.com/de-de/foto/frau-im-roten-pullover-der-sich-auf-weissen-tisch-stutzt-3783725/