Bewerben in der Corona Zeit – Was sich verändert hat

In der Krise steht auch die Bewerbungswelt auf dem Kopf. Jobs werden gestrichen, gearbeitet wird im Home-Office, das Kurzarbeitergeld wird verlängert, Einstellungsstopps verhängt. Was muss ich beachten, wenn ich mich jetzt bewerbe, was hat sich verändert und wie stelle ich mich in der neuen Situation auf?

In meiner Arbeit mit meinen Klienten stelle ich fest, dass coronabedingt viel Geduld und ein langer Atem erforderlich sind, wenn es um das Thema Bewerbung geht. Die Absagen auch bei hochqualifizierten Bewerbern haben sich erhöht, mehr und mehr Fachkräfte müssen sich neu orientieren.

Bearbeitungszeiten bei Personalern nehmen zu. Stellenanzeigen verschwinden auf einmal aus den Medien.

Vor Corona war unsere Berufs- und Arbeitswelt geordnet. Es gab eine große Vielfalt an Stellenanzeigen, aus denen gewählt werden konnte. Hat man eine Bewerbung versandt, bekam man nach 3 – 6 Wochen eine Rückmeldung. Wenn diese positiv war, verband der Arbeitgeber diese mit einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch – meistens vor Ort. Damit nicht genug, konnte es sein, dass der Bewerber zu einer zweiten oder sogar dritten Gesprächsrunde eingeladen wurde.

Mittlerweile kommt einem dieses Vorgehen fast wie aus der guten, alten Zeit vor. Hier hat sich Gravierendes verändert. Zumindest die ersten Vorstellungsrunden finden heute online per Skype, Zoom, Google Hangout oder als Telefoninterview statt. Auf diese Veränderungen sollten Sie vorbereitet sein. Eine gute Webcam, eine ausreichende Internetverbindung, ein ruhiges Plätzchen, wo Sie ungestört ein Onlinemeeting durchführen können, sollten Sie frühzeitig organisieren, um anschließend nicht in Hektik zu verfallen.

Geduld, Geduld und nochmals Geduld

Viele Unternehmen haben sich für einen Einstellungsstopp entschieden. Dennoch müssen vakante Positionen besetzt werden. Kein Unternehmen kann es sich erlauben, die Recruiting-Aktivitäten komplett einzustellen. Und in jeder Krise gibt es auch Unternehmen, die gegen den Trend deutlich expandieren, gerade jetzt gegründet werden oder bedingt durch die Krise ihren Durchbruch erleben.

Am Anfang von Corona mussten sich viele Betriebe erst einmal neu organisieren. Home-Office, ShutDown und Hygieneregeln haben die Arbeitsprozesse ordentlich durcheinandergewirbelt. Das traf natürlich auch auf Personaler zu. Mittlerweile sind die Unternehmen aber in der neuen Lebenswirklichkeit angekommen, so dass jetzt auch die Bewerbungschancen wieder steigen dürften; sicherlich nicht in allen Branchen.

Recruiter bauen ihren Bewerberpool auf

Viele Bewerber sind es gewohnt, auf Netzwerken wie Xing und LinkedIn angesprochen zu werden. Zurzeit kann es sein, dass Recruiter Sie nicht auf eine gezielt zu besetzende Stelle ansprechen, sondern selbst eher ihr Netzwerk und Ihren Bewerberpool aufbauen. Das heißt, Personaler bauen ihr eigenes Netzwerk aus, um nach der Krise schnell agieren zu können und qualifizierte Kandidaten in petto zu haben. Ansonsten würde es zu lange dauern, wieder Fahrt aufzubauen und es bestünde die Gefahr, dass die Konkurrenz die besten Bewerber bereits an sich gebunden hat. Diese Arbeitsweise der Personaler gibt Ihnen aber auch die Möglichkeit, jetzt verstärkt mit Initiativbewerbungen die Unternehmen anzusprechen, bei denen Sie sich schon immer bewerben wollten.

Auch bei Xing können Sie auf Ihrer Profilseite auf „Meine Karrierewünsche“ gehen und dort Ihre Wunsch-Arbeitgeber angeben. Als Basis- und Premium-Mitglied können Sie bis zu 3 Firmen hinterlegen.

Vorstellungsgespräche finden Online statt.

Da die Fallzahlen in Herbst und Winter wieder steigen, wird sich an der Nutzung digitaler Medien für das Bewerbungsgespräch derzeit nichts ändern. Um so wichtiger ist es, gut vorbereitet zu sein.

Wie oben schon erwähnt ist eine gute Technik und Wahl der Örtlichkeit entscheidend. Eine schlechte Leitung mit abgehackten Videosequenzen oder zu viele Störungen während des Meetings bringen Sie nicht weiter und stoßen eher ab. Ansonsten gelten die gleichen Regeln, wie auch in einem Face-to-Face Meeting.

Einen gewaltigen Unterschied gibt es jedoch in punkto Körpersprache. Während in einem herkömmlichen Vorstellungsgespräch der Kandidat im Ganzen beobachtet wird und seine Nervosität, z.B. durch ständiges Wippen mit dem Fuß oder Drehen bzw. Kippeln mit dem Stuhl erkannt wird, liegt der Focus bei einem Onlinemeeting eher auf der Interpretation der Mimik. Ein freundliches Lächeln hat hier noch niemals geschadet. Üben Sie ein Onlinemeeting mit Freunden, um sich selbst sicherer zu werden.

Ein weiterer Tipp: Schreiben Sie Ihre Skype-Adresse gleich mit in Ihren Lebenslauf. In der Regel werden die Onlinemeetings zu einem festgelegten Zeitraum durchgeführt, so dass Sie auch genügend Zeit haben, sich fachlich und mental vorzubereiten.  Allerdings gilt: Ist Ihre Bewerbung verschickt, rechnen Sie täglich damit, auch ohne Vorwarnung, kontaktiert zu werden. Seien Sie vorbereitet.

Anschreiben und Lebenslauf – Seien Sie kreativ

Zur Zeit sinkt die Anzahl der ausgeschriebenen Stellen im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten. Dagegen steigt die Zahl der Bewerber – auch unter Fachkräften. Dadurch intensiviert sich der Wettbewerb. Neben Durchhaltewillen und Geduld ist auch Kreativität gefragt. Hier liegt der Focus gezielt auf perfekten Bewerbungsunterlagen. Die Zeiten von Kaffeeflecken und Eselsohren in Bewerbungsunterlagen gehören zum Glück der Vergangenheit an. Heute werden Bewerbungen digital erstellt. Aber auch hier gelten die alten Gesetzmäßigkeiten:

  • Erstellen Sie ein gutes Anschrieben.
  • Achten Sie auf die Einhaltung der DIN 5008.
  • Das Anschreiben sollte Ihre Motivation und Ihre Erfahrung zum Ausdruck bringen.
  • Schwafeln Sie nicht, erzählen sie dem Personaler nicht, was er schon über sein Unternehmen weiß, sondern überraschen Sie ihn.
  • Erzählen Sie ihm nicht, sie seien teamfähig, sondern legen Sie dar, woran sie in früheren Arbeitsprozessen feststellen konnten, dass Sie diese Eigenschaft haben.
  • Belegen Sie Ihre Erfahrung, in dem Sie zwei bis drei Beispiele anführen, die Ihre Kompetenz im Hinblick auf die Anforderungen in der Stellenanzeige unter Beweis stellen. Findet der Personaler diese Eigenschaften auch noch positiv in einem Ihrer Zeugnisse erwähnt, wird die Sache richtig rund.
  • Rechtfertigen Sie sich nicht (Weil ich das und das bereits getan habe, bin ich für die ausgeschriebene Stelle qualifiziert.) Ob Sie qualifiziert sind entscheidet letztlich der Personaler, da er die genaue Unternehmensanforderung besser kennt als Sie.

Im Anschreiben geht es um das Hier-und-Jetzt und den Blick in die Zukunft, während der Lebenslauf eher den Blick auf die Vergangenheit richtet. Der Lebenslauf beschreibt den bisherigen Lauf Ihres Lebens.

Gerade seit März tauchen mehr und mehr aktuelle Lücken im Lebenslauf auf, sei es, dass Berufsanfänger gerade Probleme haben, beruflich durchzustarten, sei es auf Grund von betriebsbedingten Kündigungen im Zeichen von Corona. In dieser Situation sind aktuell viele. Daher sollten Sie offen und ehrlich mit der Problematik umgehen. Gerade langjährig erfolgreiche Klienten empfinden diese Lücke in ihrem Lebenslauf als peinlich. Das Thema ist schambesetzt.
Allerdings wissen Personaler sehr gut, was gerade auf dem Arbeitsmarkt los ist. Unternehmen entlassen Mitarbeiter. Neue Stellen sind sehr schwer zu finden. Auch wer längere Zeit für die Stellensuche benötigt darf sich jetzt nicht entmutigen lassen. Gerade jetzt gilt es, am Ball zu bleiben und mit Mut und Zuversicht die Krise zu meistern. Übrigens gibt es keinen Grund, warum eine Arbeitslosigkeit in dieser Krise Ihnen peinlich sein sollte. Es ist einfach im Moment so, wie es ist. Wenn Sie sich gegen die Realität mit Schuld und Scham zu wehren versuchen, werden Sie nicht weiterkommen und verlieren den Blick für die Chancen, die sich jetzt bieten.

Vielleicht hilft Ihnen das Zitat von Oscar Wilde:

Am Ende wird alles gut!

Und wenn es noch nicht gut ist,

Ist es auch noch nicht das Ende.